In einem Reisebericht über Semuc Champey in Guatemala schrieb die Autorin (deren Namen ich leider nicht mehr erinnere), dass man Semuc Champey nicht einfach besichtigt, sondern sich verdienen muss. Nachdem wir dort waren, kann ich das auf jeden Fall bestätigen. Man muss sich das Naturwunder in den Bergen Guatemalas sogar dreifach verdienen:

  1. Die Anfahrt nach Lanquin – zumindest wenn man von Rio Dulce aus durch die Berge fährt,
  2. Die Fahrt nach Semuc Champey in einem offenen Lieferwagen, auf dessen Ladefläche man während der Fahrt steht
  3. Der Aufstieg zum Mirador (Aussichtspunkt) und der Abstieg zu den Naturpools

Nachdem ich Bilder von Semuc Champey sah, war klar – ich mag sehr gerne diesen Abstecher machen. Doro musste zwar erst überredet werden, kam dann aber doch mit ;). Von unserer vorherigen Station Río Dulce gab es zwei Wege nach Lanquin – ein kleines Dorf in der Nähe der Sehenswürdigkeit Semuc Champey. Der erste Weg hätte eine lange Busfahrt mit Übernachtung zwischendurch bedeutet und dann noch einmal weiter. Die zweite, eher unangenehme Option soll ein Direktshuttle durch die Berge mit einer Fahrtzeit von 6h sein. Nach mehreren Tagen debattieren, wie wir es nun machen und abwägen, wie viel Zeit/Geld wir investieren wollten, fiel die Wahl letztendlich auf das Shuttle – auch, weil unser Hostel eins organisiert hatte. Die fahren nämlich nur, wenn sie „voll gebucht“ sind. Dass das bedeutet, dass nur 4 Leute darin Platz haben, wussten wir erst am Tag der Reise. Als unser Shuttle angefahren kam, musste erst einmal ein kleiner Schreck verdaut werden. Ein Pickup mit wenig Beinfreiheit für genau 4 Leute (mit uns fuhr ein Schweizer Pärchen) und Gepäckablage auf der offenen Ladefläche hinter uns. Zusätzlich war noch die halbe Familie auf der Ladefläche dabei – die unterwegs jedoch nach und nach ausstieg.

Shuttle nach Lanquín
Shuttle nach Lanquín – Antje steht die Vorfreude ins Gesicht geschrieben

Die ersten drei Stunden waren zwar sehr laut (die dicke Bassbox im Inneren des Pickups war schließlich nicht umsonst dabei), aber wir kamen gut durch. Die letzten 60 km hatten es jedoch in sich. Nicht umsonst brauchten wir dafür weitere drei Stunden. Straßen konnten man den Untergrund nicht nennen, auf dem wir im Schneckentempo auf unser Reiseziel zuschwankten. Den Weg muss man sich so vorstellen, als hätte es gerade einen Steinschlag gegeben und man würde nun über die herabgefallenen Brocken fahren. Alle Haltegriffe, Vordersitzlehnen und Abstützmöglichkeiten wurden krampfhaft festgekrallt – Gurte gab es ja sowieso nicht, wie auch allgemein in Guatemala. Unser Fahrer telefonierte während des dreistündigen Ritts durch die Berge entspannt seine (Groß-)Familie durch. Das Gefährt wurde somit nur einhändig gesteuert. Immerhin war dadurch die Lautstärke der Musik erträglicher. Irgendwann kamen wir völlig fertig im Dunkeln an und fielen nur noch ins Bett (störend war lediglich die Partymusik in unserer Unterkunft, aber wir hatten schließlich die Bassbox überlebt). Das Hostal Vista Verde liegt sehr schön auf einem Berg für einen tollen Blick ins Tal – es ist auch so sehr hübsch angelegt & aus Holz, Bambus & Palmendächern gebaut. Hier geht aber auch gelegentlich die Party ab, man hört viel Gebell, Gekrähe & schreiende Schweine 😮 – aber das ist sicher nicht immer so.  

Im Gegensatz zur Fahrt nach Lanquín, war der Weg nach Semuc Champey zwar ungewöhnlich, aber dennoch recht entspannt. Die offenen Pickups werden in Lanquin sowohl von Einheimischen als auch von Touristen genutzt – wobei die Einheimischen um einiges gechillter dabei aussehen.

Offener Pickup
Offener Pickup Richtung nach Lanquín

Für uns Touris ist eine Fahrt im Stehen auf der offenen Ladefläche ja doch eine eher ungewohnte Erfahrung und widerspricht etwas unserem sozialisierten Sicherheitsempfinden. Wenn man sich einfach darauf eingelassen hat, war es jedoch eine tatsächlich schöne Tour an der frischen Luft, durch die Bergnatur und kleine Örtchen.

An der frischen Luft

Im Naturschutzgebiet Semuc Champey angekommen, erklommen wir erst einmal den Mirador, der einen tollen Blick bieten sollte. Ein Schild kündigte an: 500m, ca. 30min. Klingt nicht viel, brachte unsere Oberschenkel aber zum Brennen und uns selbst zur Transpiration. Zumal es zusätzlich recht schlüpfrig war – es hatte die letzten Tage geregnet. Oben angekommen bot sich tatsächlich ein toller Blick auf die türkisgrünen Wasserbecken in voller Länge und die umgebenden Felswände sowie den Urwald.

Rauf bedeutet häufig aber auch wieder runter. Natürlich wollten wir in den Wasserbecken schwimmen – was bedeutete, dass wir den gesamten Weg wieder hinunter mussten. Unten angekommen freut man sich umso mehr auf das kühle Nass.

Die Strapazen haben sich auf jeden Fall gelohnt. Semuc Champey ist ein wunderschönes Erlebnis! Die türkisen Becken, viele kleine Wasserfälle und die Natur waren alle Mühen wert.

Eine zweite Unternehmung, die sich lohnt, ist eine Höhle in Lanquín. Das Besondere sind ihre beflügelten Bewohner*innen. Wer rechtzeitig zur Dämmerung hingeht, kann nicht nur die Höhle mit ihren tollen Gesteinsformationen bestaunen, sondern erlebt hautnah, wie Fledermäuse für ihr Abendessen nach draußen fliegen. Erst vereinzelt und dann zunehmend mehr fliegen sie beinahe lautlos an einem vorbei. Man hört ausschließlich den Flügelschlag – sie geben keine anderen Laute von sich, was wir sehr überraschend fanden. Hier eine kleine Demonstration:

YouTube video

Auch der Ort Lanquín an sich hat uns wirklich gut gefallen. Es ist ein gemütliches Örtchen mit vielen freundlichen Menschen. Zeitweise haben wir uns ein wenig wie Aliens gefühlt, weil wir immer wieder so bestaunt wurden, obwohl doch eigentlich viele Touristen nach Lanquín kommen, um Semuc Champey zu besichtigen. Wir vermuteten, dass es bei vielen tatsächlich nur bei diesem Zwischenstopp bleibt und nur wenige Lanquín als Ort wirklich erkunden. Schade eigentlich, denn es gibt nette Cafés und Restaurants, einen tollen Markt, auf dem man so ziemlich alles kaufen kann und Einheimische, die einen herzlich anlächeln und einen guten Tag wünschen. Wir fühlten uns hier sehr wohl und strahlten automatisch zurück.😃

Ausblick
Tägliche Kaffee-Kakao Session mit Weitblick & die Füße direkt über dem Abgrund
froschi_kneuli
Tips & Tricks

Unterkunft:
Hostal Morenos oder Hotel Piletas (beide Low Budget)
Cafés:
Café Boheme
Restaurant:
Veganes Fast-Food Restaurant Wachuma
Pupusas gibts im Antojito Salvadoreño
Aussichtspunkt:
Cerro de la Cruz – wir haben es nicht dorthin geschafft aber er soll eine schöne Aussicht über die Stadt bieten