Reisezeit: Mai 2022

Viel wussten wir nicht von Pijao, als wir uns dorthin auf den Weg machten. Nur, dass es ein kleines, hübsches Örtchen in der Berg- und Kaffeeregion sein soll und für manche als Geheimtipp gilt, wenn man sich Wachspalmen – den Nationalbaum Kolumbiens – anschauen möchte. Wollten wir.  Und wir suchten einen Ort zum Abschalten sowie Recherchieren. Doros Muddi wollte uns besuchen kommen und wir wollten für ihren Besuch ein paar Dinge vorplanen und vorbuchen. Machen wir sonst zwar so gut wie nie, aber wir wollten sicherstellen, dass sie einen entspannten Urlaub hat. 

Wir fuhren also von Filandia nach Armenia und waren bei der kurzen Durchfahrt mit dem Bus froh, dass wir hier keine Übernachtung mit eingeplant hatten. Wirklich ansehnlich ist es dort nicht und weit entfernt von wohl fühlen. Von Armenia ging es also mit dem nächsten Bus weiter nach Pijao. Es war eine angenehme Fahrt durch die grünen Berge, mit tollen Ausblicken. Wir fuhren unterwegs an einer kleinen Mariastatue vorbei. Die ist uns auf unseren Busfahrten schon häufiger begegnet und macht uns immer wieder bewusst, wie gläubig hier viele Leute sind. Diesmal bekam Doro auch direkt mit, wie eine Frau im Bus sich an dieser Stelle bekreuzigte.
Kaum kamen wir auf dem Marktplatz in Pijao an, kam auch schon unsere Gastgeberin Melissa auf uns zu, begrüßte uns herzlich und lotste uns zu ihrem Mann Pablo, der uns genauso herzlich begrüßte und einen kleinen Jeep am Start hatte. Mit dem fuhr er uns über eine kleine Holperstraße zu unserer Unterkunft. Wir hatten bei den beiden eine kleine Cabaña, etwa 10 Fußminuten außerhalb von Pijao, gebucht. Da wir nun schon öfter die Erfahrung gemacht haben, dass selbst kleine, verschlafene Örtchen laut sein können (Hunde, Hähne, alte Autos), wollten wir diesmal auf Nummer sicher gehen. Und wir hatten Glück. Als Pablo uns ein paar kleine Holzstufen zu unserem Hüttchen hochgeleitete, war schon klar – hier kommt kein Auto lang, der nächste Hof mit Hahn ist weit genug weg, die Hunde auch und der Fluss, an dem wir wohnten, war laut genug, sodass er diese Geräusche aus der Ferne eh übertönt. Aber auf eine angenehme, naturnahe Art. Unsere Gastgeber*innen selbst wohnten 60m entfernt in einem größeren Haus, mit weiteren Zimmern für Besucher*innen. Wir hatten aber wirklich das Sahnestück abbekommen. Auch wenn die Unterkunft etwas über unserem Budget lag, waren wir happy. Die Beiden haben die Hütte – bis auf die Stromverlegung – selbst gebaut und dabei wirklich viel Herz hineingelegt. Es gab ein kleines gemütliches Schlafzimmer mit Ausblick auf den Kirchturm von Pijao sowie auf den Fluss, eine kleine Küche mit Esstisch und immerhin einer Herdplatte (für uns ausreichend zur Selbstversorgung) und ein süßes Bad mit ökologischer Komposttoilette und tollen Buntglasfenstern. Obendrein hatten wir auch einen Minibalkon mit Hängematte, von dem wir viele Vögel in dem alten Baum über uns beobachten und den Flussblick genießen konnten. Alles war aus Holz und anderen Naturmaterialien gefertigt und einfach supergemütlich. Jeden Morgen brachten uns Melissa und Pablo in einem Korb Frühstück – inklusive Geschirr, dass wir dann einfach zurück in den Korb packen konnten. Somit hatten wir nicht einmal Abwasch 😉 ! Mit dabei war frischer Saft aus Früchten vom Grundstück und natürlich Kaffee, den die beiden selbst geerntet, geröstet und gemahlen haben. Wir wohnten hier nämlich auf ihrer privaten, kleinen Kaffee-, Bananen- und andere Früchte-Farm. 

Gleich die erste Nacht sahen wir Glühwürmchen über der Wiese vor dem Hüttchen, wie dann auch jede weitere Nacht. Sie verirrten sich sogar zweimal in unsere Hütte. Erst, wenn wir das Licht ausgemacht haben, sah man ihr Lichtlein. Wir haben sie dann wieder an die frische Luft nach draußen befördert. 
Viel unternahmen wir nicht in Pijao. Wir entspannten und recherchierten in bzw. vor unserer Hütte oder der Finca von Melissa und Pablo (dort gab es Wlan ;)), schlenderten ab uns zu mal ins Örtchen, um die bunten Häuschen zu bestaunen und uns mit Lebensmitteln zu versorgen. Zwei Mal genossen wir einen Mittagstisch in kleinen lokalen Restaurants. Man bekommt dabei eine Mahlzeit mit Suppe und Getränk für wenig Geld (umgerechnet 5-6 EUR für 2 Personen), darf aber sowohl von der Einrichtung als auch bzgl. des Essens kein Luxus erwarten – erst recht nicht als Vegetarier*innen ;).

Eines der Restaurants ordnete sich der sogenannten Cittaslow Bewegung zu. Es war sehr lecker, aber zu diesem Zeitpunkt war uns nicht klar, was das es mit Cittaslow auf sich hatte. Als wir reinkamen, wurden wir erst einmal vorsichtig empfangen. Wir waren nicht sicher, ob es wegen der für einen Mittagstisch doch eher fortgeschrittenen Zeit war oder weil (ausländische) Touristen hier doch eher eine Besonderheit sind. Kaum saßen wir, kam auch schon ein begeisterter, älterer Herr zu uns und versuchte mit uns ins Gespräch zu kommen, fragte woher wir kommen usw. Eine etwas jüngere Dame fragte, was wir essen wollen. Das übliche Spielchen begann: wir erklären, dass wir etwas ohne Fleisch wollen, bekommen ratlose Blicke, dann die Frage nach „Hühnchen“ und enden bei Reis, Ei und irgendeinem vorhandenen Gemüse. Aus der Küche hörten wir nochmal den älteren Herren der erneut klarstellte – „das sind Vegetarier aus Europa“. Als erstes bekamen wir eine Gemüsesuppe und zwei große, dicke, sehr leckere Bananen. Als wir die Suppe weglöffelten, die Banane aber eher für danach ließen, kam der ältere Herr erneut zu uns und machte klar, dass man die Bananen zur Suppe ist. Das war uns neu – es war aber tatsächlich lecker. Zum Hauptgang kam neben den oben genannten Dingen, ein kleines Stück selbstgemachte „Torta“ (aus Mehl, Ei, Butter, Cidre und Käse) sowie ein Getränk aus Maracuja und Kürbis. Der ältere Herr zückte mehrfach sein Handy, sprach hinein und zeigte uns all die Zutaten, die sich in Essen und Saft versteckten. Er hatte sichtlich Spaß daran, uns alles zu erklären. Irgendwann gesellte sich dann auch die Dame zu uns und erklärte mit. Unter anderem erwähnte sie, dass neben den erläuterten Zutaten auch viel Liebe im Essen sei. Das konnten wir uns bei den beiden gut vorstellen. Die Suppe war so lecker, dass wir uns direkt noch zwei Portionen für unser Abendessen mitgenommen haben.

Eine Tour haben wir jedoch dennoch unternommen. Wir wussten, dass Pablo und Melissa lokale Guides kannten und verschiedene Touren zur Auswahl standen. Eine davon sollte uns zu den Wachspalmen führen. Diese hatten wir zwar schon kurz im Cocoa-Teil (bei Salento) besucht, aber dort hatte uns dann der Regen von guten Fotos abgebracht. Wir wollten es hier also noch einmal versuchen. Auf dem Hauptplatz Pijao’s erwarteten uns also sowohl unser Guide Kevin als auch ein Fahrer mit Jeep. Denn wir sollten erst noch 45min zum Ausgangspunkt unserer Tour fahren. Viel mehr wussten wir nicht. Wir waren erstaunt, dass Kevin noch sehr jung war, aber was sagt das schon aus. Er begrüßte uns supernett und schon saßen wir hinten auf dem Jeep. Die Straße führte uns durch die Berge, mit tollen Ausblicken. Schnell standen wir, wie Kevin, auf der Ladefläche des Jeeps und ließen uns den frischen Fahrtwind um die Nase wehen. Für unsere Rücken war das Stehen eh besser, denn der Weg wurde zunehmend schlammiger und holpriger. Dennoch machte es einen Heidenspaß, zumal der Fahrer eine für uns erstaunliche Auswahl an Musik auflegte. Von Extreme (More than Words) über Falco (Jeanie) bis hin zu Rolling Stones (Angie) war alles dabei. Das hat echt Spaß gemacht! Vor allem war es mal kein typischer Reggaeton, der sonst überall zu hören ist. Gelegentlich hielten wir an, da Kevin schnell merkte, dass wir uns für Vögel interessierten. Wenn er also besonders schöne Exemplare sah, gab’s eine Vollbremsung und wir konnten die farbenfrohen Federtierchen bestaunen. Irgendwann hielt der Jeep und es ging zu Fuß weiter einen Berg hinauf. Doro hatte sich eigentlich vorab per WhatsApp versichert, dass es keine lange Wanderung wird. Auch bei ihrer erneuten Nachfrage, wie lange wir denn jetzt laufen müssten, meinte Kevin entspannt: „Ach nur 1,5h“. Doro kombinierte clever: „Also 1,5 Stunden hin und genauso viel zurück?“ Kevin: „Genau“. Tjaja…nun war es so. Wir waren eigentlich beide gerade eher im Faulmodus, wollten nich groß wandern, aber nun waren wir halt hier. Also hoch ging’s den Berg. Die wahnsinnig schönen Ausblicke versüßten uns dabei die Anstrengung. Irgendwann waren wir von der Mittagshitze zerschwitzt und stapften nun durch einen kühlen Wald, entdeckten, beobachteten und fotografierten Vögel und Kevin zeigte uns bereits einige Babypalmen, die zwischen den anderen Bäumen wuchsen. Irgendwann kamen wir dann aus dem Wald raus und da waren sie, die riesigen Wachspalmen, auf ihnen Papageien, die uns, wie immer, laut kreischend begrüßten und die tollste Aussicht überhaupt – Auf tausende Palmen, die unberührte Natur, die Berge mit Wasserfällen. Wahnsinn! Hier machten wir Mittagspause und genossen einfach nur die Zeit. 

Kevin war dabei ein sehr angenehmer, entspannter Guide, der uns alles erklärte, aber auch einfach mal ruhig war und den Weg hoch und runter sichtlich genoss. Später erzählte er uns, dass er diesen Job als Guide (neben seinem Hauptjob als Fotograf) vor allem macht, um Menschen glücklich zu machen. Und so kam es auch bei uns an. 

Als wir uns nach einer Weile von diesem tollen Ort trennten und den Berg wieder runter mussten, erwischte uns leider doch wieder der Regen der kolumbianischen Regenzeit. Somit kamen wir nass am wieder bereitstehenden Jeep an (kleiner Funfact: Der Song „The Final Countdown“ erklang schon aus der Ferne für die letzten Meter im Regen). Diesmal mussten wir wohl oder übel unter der Plane sitzen, um während der Fahrt vom Regen geschützt zu sein. Trotz des Regens war unsere Tour richtig toll und wir sind froh, dass wir sie auch im „Faulmodus“ gemacht haben. Eine der schönsten Touren bisher. 

PS: Während ich das hier in der Hängematte auf dem kleinen Balkon schrieb, wurde ich von drei kleinen Vögelchen beäugt, die auf den Balkon hüpften bzw. direkt vor meiner Nase herumflogen (Kolibri). 

froschi_kneuli
Tips & Tricks


Von Filandia kommt man mIt dem Bus direkt nach Armenia und steigt dort um in den nächste Richtung Pijao.
Das würden wir auch jedem so empfehlen, denn Armenia ist wirklich kein Ort,
in dem man bleiben möchte. Nicht mal eine Nacht…

Unterkunft: Flora del Rio
Tour: „El Bosce de niebla del silencio“ mit ECOTOURS Pijao (Facebook): , Instagram 
Cittaslow Restaurant: Pijao Cittaslow Las Delicias Ejecutivos